Und und Aber
Wer kennt nicht die Situationen in einem Gespräch, in dem man was erklärt bekommt,
in dem mein Gegenüber mir seine Lebensansicht erklären möchte... ich gut lausche... und das
1. Wort, mit dem ich antworte, "Aber"....lautet?
Wenn man dieses "Aber" dann mal genauer betrachtet, sagt es global erst mal aus, dass da
aus meiner Sicht noch ein Haken ist, dass ich damit noch nicht einverstanden bin, dass ich dem
was entgegensetzen möchte, dass ich die Meinung nicht teilen kann, dass meine Ansicht eine
ganz andere ist oder dass ich keinen Zusammenhang ziehen kann.
Grundsätzlich ist dem auch nichts entgegen zu setzen, schließlich darf es eine offene
Kommunikation sein, in der jeder seine Meinung präsentieren darf, oder?
Ich muss dem anderen ja schließlich nicht nach seiner Nase reden, ich bin ein eigenständiger
Mensch und darf frei denken und mich äußern.
Genau das möchte ich auf keinen Fall jemandem absprechen.
Vielleicht erlaubst du es dir, mal in das Wort "Aber" oder noch besser "Ja-Aber" hinein
zu fühlen.
Klingt es dann nicht in dir auch nach Widerstand, nach Angriff und Verteidigung, nach Recht
haben wollen, nach besser - schlechter, das überzeugt mich nicht, nach bloß nicht verlieren
wollen, nach wer hat den längsten Atem, nach Druck, nach Auferlegen, nach mich verschließen
für andere, neue Möglichkeiten?
Und genau damit gelingt es mir nicht, mich zum Einen wirklich mitzuteilen - was immer ein
Anbieten sein darf - und zum Anderen mich in meinem Wissen, in meinen Ansichten, die das
Leben mir alle bietet, zu erweitern,
um so immer mehr die Möglichkeit zu bekommen, das Leben in seiner Gänze wirklich
wahrnehmen zu können.
In dieser unbewussten Verteidigungshaltung öffnen wir uns nicht wirklich unserem Gesprächs-
partner, wir sind in Lauerstellung, auf halb 8 und können manchmal den anderen kaum ausreden
lassen.......und .......schlagen zu!
Wieder gehen wir nicht mit einem JA ins Leben, in Gespräche und auf den anderen zu.
Könnte es wohl sein, dass wir unbewusst daran erinnert werden, wie es sich anfühlt zu verlieren,
nicht zu siegen, nicht schlau, sondern dumm zu sein oder vielleicht auch mit Widerstand
unbewusst Aufmerksamkeit zu erreichen?
Vielleicht dürfen wir uns für den Gedanken öffnen, dass allein mit dem ausgesprochenem kleinen
Wörtchen "Aber" unbewusst wieder Verletzungen des inneren Kindes in uns zum Ausdruck gebracht werden.
Wenn wir unser Herz für diesen Zusammenhang öffnen können, dann wäre es sehr schön,
wenn wir auch Mitgefühl für uns selber entwickeln könnten, für uns, die wir wissen, wie es sich
anfühlt ohnmächtig, klein, minderwertig, dumm und abgelehnt zu sein.
In dem Moment, in dem wir unser Herz öffnen, fließt wieder Weichheit in uns hinein und die harte
Schale beginnt zu bröckeln.
Das "Ja" zu uns, unserem Leben, unserem Gegenüber, für inspirierende Gespräche kann dann
langsam wieder gegeben sein.
Wir kommen dann wieder in die Lage, dem Leben, dem anderen wirklich zu zu hören. Wir öffnen
unser Herz wirklich für den Inhalt der Gespräche, wir können sie auf uns wirken lassen,
egal, ob wir sie sofort nachvollziehen können oder nicht.
Durch die abgebaute Blockade kann alles wieder fließen.
Wir geben neuen Inhalten Raum und Zeit sich zu entfalten.
Neues Bewusstsein kann entstehen, welches uns immer mehr und mehr an den wirklichen Geheimnissen
des Lebens teilhaben lässt.
Wie wir ja wissen, sucht ein Teil unseres Gehirns immer nach Bestätigungen in unseren Erfahrungen,
um uns das gerade Geglaubte noch glaubhafter zu machen, damit wir Recht bewahren.
Wenn wir also zulassen, neue Anregungen aufnehmen zu wollen, um so nach und nach unseren
Erfahrungsschatz zu erweitern, dann kann auch ein erweitertes Bewusstsein die Folge sein,
wir geben unserem Archiv neue Informationen hinzu, ist doch genial, oder?
Wenn wir diesen unbewussten Ablauf uns selbst gegenüber mitfühlend zulassen, uns nicht verurteilen
und wenn doch, auch das zulassen, dann ist das kleine Wörtchen "Und" das Öffnen unserer Zellen,
das JA zum Leben, das JA zum Reifen, zum Wachsen, das JA zu inspirierenden Gesprächen, das
dankbare und achtsame JA zu unserem Gegenüber, das JA zu uns selbst, das JA, Erfahrungen
sammeln zu dürfen und den Erfahrungen anderer Aufmerksamkeit zu schenken und wirken zu
lassen.
Wie wir ja schon in der Schule gelernt haben, ist das Wort "Und" ein Bindewort. Es verbindet
also etwas, es fügt zu und zusammen. Genau darum geht es ja übergeordnet im Leben, in
liebevoller Verbindung mit unseren Mitmenschen Erfahrungen zu sammeln und nicht, wie durch das
"Aber" verdeutlicht, zu trennen, abzuspalten, zu isolieren oder auch Rechtfertigungen zu
schaffen, warum man dieses oder jenes NICHT angeht, umsetzt, ausprobiert oder sich mit seinen
Fähigkeiten zeigt, was mir sehr bekannt ist! :-) :-)
Jeder darf Erfahrungen sammeln, sich verletzlich zeigen, fühlen und die Geheimnisse des
Lebens entdecken.
Sollte uns nun das "Aber" im nächsten Gespräch wieder über die Lippen gehen, dann schmunzeln
wir, sind sanft zu uns, erkennen es und tauschen es einfach durch "Und" aus.
Auch das ist ein Prozess, der nach und nach Wandlung in uns vollzieht. Wir werden es kaum
bemerken, dass es irgendwann zu Fleisch und Blut geworden ist, dass es in uns geheilt ist.
Am Anfang stand das Wort, doch das Wort ist Fleisch geworden, so stand es schon in der
Bibel!
Beim Schreiben dieser Inhalte ist es mir selber immer wieder die größte Freude, nach und nach
die Geheimnisse des Lebens nicht nur zu erkennen, sie auch im Herzen dankbar fühlen zu dürfen.